Lebenslanges Lernen? Brauch ich nicht, keine Zeit!
Danke für die SketchNote Nicole Denzel (Twitter @diginci)

Lebenslanges Lernen? Brauch ich nicht, keine Zeit!

>> English version here <<

Der Titel meines Vortrages bei dem #LLLCamp organisiert durch Holger Gelhausen am 15. Juni scheint auf den ersten Blick ein bisschen provokant, allerdings nehme ich h?ufig wahr, dass Menschen "lebenslanges Lernen" zwar wichtig finden (nahezu 100% in Umfragen), aber dennoch bei der Frage: "Blockst Du Dir jede Woche Zeit im Kalender um zu Lernen?" eine andere Sicht ensteht.

No alt text provided for this image

"Mal ganz ehrlich. Ich arbeite jeden Tag mind 8 Stunden, und schon da schaffe ich nicht alles. Und ausserdem arbeite ich ja an spannenden Themen, da lerne ich jeden Tag, und jetzt soll ich noch zus?tzlich Zeit haben um zu Lernen? Wofür? Und wie soll das gehen?"

Ja, ich stimme zu, was die Teilnehmer im #LLLCamp Chat geschrieben haben: "Man kann doch gar nicht "nicht lernen"" oder "Arbeiten heisst Lernen" oder "Learning happens on the job". Ich selber bin ein grosser Fan von "Learning on-the-job" wie ich auch schonmal im Kontext von 70-20-10 geschrieben habe.

Warum also extra Zeit blocken?

Fangen wir mal mit ein paar Daten an: Im World Economic Forum Report "Future of Jobs 2018" taucht folgende Grafik auf, die basierend auf Umfragen beschreibt, dass es zwar eine gewisse Zahl an Jobs geben wird, die mehr oder weniger stabil sind,

No alt text provided for this image

das aber gleichzeitig durch Transformation, Digitalisierung, neue Gesch?ftsmodelle und Produkte und Dienstleistungen etc ein nicht unerheblicher Teil von Jobs sich ver?ndern wird (also wegfallen oder neu geschaffen werden oder irgendwas dazwischen).

Im übrigen geht die Bundesregierung davon aus, dass dadurch in Summe am Ende mehr Jobs in Deutschland entstehen, als das welche wegfallen. Ist es eine gute Lernmotivation für Menschen, wenn man Ihnen sagt: "Dein Job f?llt weg, Du musst lernen?" hat dann jemand im Chat mit Recht kritisch hinterfragt? Nein, ich glaube das ist tats?chlich keine gute Motivation. Zumal es vielleicht eben nicht 5 Jahre sind und genaugenommen bei vielen Jobs das auch niemand so genau vorhersagen kann.

Deswegen zeige ich dazu gerne eine zweite Grafik ebenfalls aus dem Future of Jobs Survey 2018, World Economic Forum - Figure 7: Expected average reskilling needs across companies, by share of employees, 2018–2022.

No alt text provided for this image

Diese Umfrage zeigt auf, dass es einen erheblichen Weiterbildungbedarf für über die H?lfte der Jobs geben wird. Wobei ich selber kritisch damit bin zu sagen, dass es bei 46% der Jobs keinen Qualifizierungsbedarf gibt. Aus meiner Sicht würde ich die Zahlen eher dahingehend interpretieren, dass bei diesen Jobs das andauernde Lernen w?rend der Arbeit ausreichend ist und das nicht extra Zeit geblockt werden muss (solange ich den Rest meines Lebens diesen einen Job machen m?chte). Aber was ist dann mit den anderen 54%?

Und da sind wir schon wieder beim Thema, wenn es also nicht ausreichend ist, durch ausprobieren und arbeiten Dinge zu lernen, dann w?re es doch vermutlich gar keine schlechte Idee sich Zeit zu blocken? (Siehe Umfrage Ergebnis oben)

No alt text provided for this image

Und w?rend alle über Megatrends und VUCA reden und wenn mir keiner genau sagen kann, was sich wie ?ndert, welche Jobs neu entstehen etc, dann helfen mir gute Kompetenzmodelle nur bedingt, bzw. geben nur eine Richtung vor, und "übergestülpte" Lernangebote haben h?ufig wenig tats?chlich empfundene Relevanz. Stattdessen w?re es vermutlich einfach besser mit einer Reflektion anzufangen:

No alt text provided for this image
Was will ich eigentlich wirklich?

Was interessiert mich? Wo will ich hin? Welchen Beitrag m?chte ich in dieser Gesellschaft liefern? Wie hat sich mein Job denn in den letzten Jahren oder vielleicht auch letzten 3 Monaten ver?ndert? Wie m?chte ich, dass meine Arbeit in Zukunft aussieht?

Welche Skills und Kompetenzen m?chte ich erlernen oder glaube ich zu brauchen in der Zukunft?

Das spannende ist ja, dass mir das niemand sagen kann, aber wenn ich selber diese Reflektion mache, dann bin ich in der Führung und dann entscheide ich und dann ist das Ergebnis auch für mich tats?chlich relevant! (Das Führungskr?fte hier eine wesentliche unterstützende Rolle spielen ist für mich selbstverst?ndlich im Unternehmenskontext, aber ich m?chte das nicht darauf limitieren.)

Und soeben habe ich von Werner Motzet auf Twitter gelernt, dass es eine Homepage gibt, die mir dabei helfen kann zu reflektieren, wie mein Job durch Digitalisierung beeinflusst werden kann: https://job-futuromat.iab.de/

Es geht mir ja auch nicht darum für die n?chsten 5 Jahre genau zu beschreiben was ich brauche, sondern mehr darum den n?chsten Schritt zu definieren und dann mit Fokus das n?chste Thema aufzunehmen. Und vielleicht hilft mir ein Backlog, um mich nicht selbst zu überfordern, sondern flexibel zu bleiben:

No alt text provided for this image

Keine Zeit?

Der Datenreport 2016 (Sozialbericht) der Bundeszentrale für politische Bildung hat vor einigen Jahren eine Statistik ver?ffentlicht die besagt, dass in Deutschland Menschen im Alter zwischen 30 und 44 Jahren ca 9 Minuten pro Tag etwas neues Lernen.

No alt text provided for this image

Und Menschen im Altersdurchschnitt zwischen 45 und 64 Jahren nur noch 4 Minuten. Das macht in Summe dann ca 20 Tage bzw 9 Tage in 5 Jahren. Der WEF Future of Jobs Survey besagt aber, dass jeder (!) ca 101 Tage an Lernen im Zeitraum 2018 bis 2020 ben?tigt. Und hier ist die Diskrepanz. Denn natürlich sind unsere Kalender voll mit Terminen, Unterlagen erstellen, Telefonkonferenzen und nicht zuletzt füllen sich alle Lücken schnell mit Emails und sonstigem.

No alt text provided for this image

Umso wichtiger, dass wir uns bewusst Zeit nehmen um zu Lernen! Und das kann ja auch das Lesen eines Blogs zum Beispiel von Harald Schirmer (LIKEs sind mehr als Wertsch?tzung) sein oder wie Ragnar Heil geschrieben hat, lernt man h?ufig auch dabei, wenn man selbst einen Blog schreibt bzw andere an seinem Wissen teilhaben l?sst.

No alt text provided for this image

Und genau darum gehts mir ja, es gibt nicht mehr nur das eine "formelle Lernen", sondern es ist eine Mischung aus Inspiration, Lernen, Zusammenarbeit und Verbindungen zu anderen Menschen von denen wir Lernen k?nnen. Danke auch an Oliver Ewinger für seinen tollen Beitrag zum Lernen mit Twitter. (Hier noch ein tolles Lernvideo der #CLC2025 Community zu diesem Thema)

Lebenslanges Lernen - Die wichtigsten Fragen

  • Weisst Du eigentlich was für Dich in Zukunft relevant ist?
  • Was willst Du eigentlich als n?chstes Lernen?
  • Wie sieht deine Entwicklungs-Aktivit?ten Liste aus?
  • Wie integrierst Du eigentlich regelm??iges Lernen in deine t?gliche Arbeit und in dein Leben?
  • Wer kann Dir dabei helfen?
  • Und wie kannst Du anderen dabei helfen?

Und dann bitte nicht verwechseln:

No alt text provided for this image
Lebenslanges Lernen ist kein Buzzword mehr, es ist wichtig und beginnt mit Dir!

Und wenn ihr jetzt noch lesen wollt, wie man das mit Freude gestalten k?nnt, dann schaut mal wieder bei Harald Schirmer vorbei Freude am Lernen gestalten – LLLcamp Keynote

Lebenslanges Lernen?
Brauch ich!
Ich nehme mir die Zeit!
Mathias Herda

HR Business Partner & Talent Management bei Bayer Vital GmbH

4 年

Lieber Sebastian, vielen Dank für diesen guten, wichtigen und richtigen Artikel und die wertvollen Impulse.

Paula Hemdal, Ph.D.

Learning and Quality Consultant and Trainer for Clinical Development

4 年

Dieses Artikel hat mich sehr interessiert, weil auch ich an lebenslanges Lernen glaube. Der Beweis ist, dass ich jetzt jede Woche 5 Stunden Zeit habe, um Deutsch zu lernen! (and one thing about learning is not being afraid to make mistakes - which is usual when learning new languages!)

Saskia Grossmann

Nachhaltige Mindsetentwicklung powered by best-in class Human Experience

4 年

Lieber Sebastian, ein super wichtiges Thema! Und auch wenn ich überzeugt davon bin, dass Lebenslanges Lernen vor allem auch Eigenverantwortung von uns als Mitarbeiter ist, ist es auch Aufgabe des Unternehmens die notwendigen Tools und Rahmenwerke dafür zu schaffen. Mit MIA (www.mindsetindicator.de) haben wir ein Produkt geschaffen, dass valide den eigenen Standort, also die pers?nliche Ausgangsbasis misst, und basierend darauf individuelle Lernangebote zur Verfügung stellt. Und das ganze mit einem klaren Fokus aus überfachliche Zukunftskompetenzen. Aus meiner Sicht ein wichtiger Schritt in Richtung Lebenslanges Lernen und Weiterbildung der Zukunft. Bin gespannt auf deine Gedanken! :-)

Maya Ebeling

KI Community builder & Event Manager für AI Startups?? Head of AI Accelerator | Tech Enthusiast | LinkedIn Coach | Passion for crazy ideas

4 年

Danke für deinen Artikel. Ermutigt mich wieder, Zeit zu nehmen zur Reflexion: Wo will ICH hin und wie komme ich dahin?! #nevernotlearning

Frank Tennigkeit

Senior Director Pediatric Development Rare Diseases

4 年

Super article, please translate for further reach. Thanks.

要查看或添加评论,请登录

Sebastian Kolberg的更多文章

其他会员也浏览了