FORCE MAJEURE UND DIE THEORIE DER UNVORHERSEHBARKEIT IN BEZUG AUF HANDELSVERTR?GE IN MEXIKO

FORCE MAJEURE UND DIE THEORIE DER UNVORHERSEHBARKEIT IN BEZUG AUF HANDELSVERTR?GE IN MEXIKO

I. EINFüHRUNG.

Die aktuelle Covid-19 Pandemie hat l?nger gedauert, als irgendjemand erwartet h?tte und in mehreren L?ndern gibt es wieder eine teilweise oder vollst?ndige Abschaltung der wirtschaftlichen T?tigkeiten. Angesichts dieser "Akkordeon"- Lage, in der sich die Wirtschaft ?ffnet und schlie?t, die sich aus einem Ereignis h?herer Gewalt ergibt, ist es wichtig, die Auswirkungen, die dieses besondere Ereignis auf kommerzielle Vertr?ge verursacht, noch einmal zu berücksichtigen. Diese Situation h?tte bereits zu einer allgemeinen Vertragsverletzung geführt, h?tten viele der Parteien nicht im guten Glauben neu verhandelt. Auf jeden Fall hat das beispiellose Ereignis h?herer Gewalt und seine Folgen einige in die Unm?glichkeit geführt, ihre vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen;  für andere bedeutete dieses Ereignis einen h?heren Schwierigkeitsgrad plus zus?tzlich anfallende Kosten in der Erfüllung von ihren vertraglichen Verpflichtungen.  

II. H?HERE GEWALT IM ZUSAMMENHANG MIT HANDELSVERTR?GEN.

Ereignisse h?herer Gewalt sind unvorhersehbare, unvermeidbare, unüberwindliche Ereignisse, die sich der Kontrolle der Parteien entziehen, die durch die Natur oder durch Handlungen der Menschen verursacht werden und die es einer Partei unm?glich machen, eine Verpflichtung zu erfüllen. Der Grundsatz der h?heren Gewalt gilt für alle Rechtsgebiete und geht Hand in Hand mit dem allgemeinen Grundsatz des Rechts, dass niemand verpflichtet ist, das Unm?gliche zu tun.

Die Hauptregel über h?here Gewalt in Mexiko ist in Artikel 2,111 des Bundes Bürgerlichen Gesetzbuches (?BBGB“)[1] festgelegt, indem "niemand zum Force Majeure verpflichtet ist, es sei denn, er hat dazu beigetragen, hat diese Verantwortung ausdrücklich übernommen oder wenn das Gesetz es auferlegt." Ebenso sieht Artikel 1,847 des BBGB, in seinem relevanten Teil vor,  dass  eine Sanktion nicht vollstreckt werden darf, wenn eine der verpflichteten Parteien aufgrund eines zuf?lligen Ereignisses oder einer unüberwindlichen Kraft nicht in der Lage war, den Vertrag zu erfüllen. Hierzu stellt Artikel 2 des Handelsgesetzbuches[2] fest, dass "in Ermanglung von Bestimmungen dieser Verordnung und der anderen Handelsgesetze diejenigen des BBGB, auf Handelshandlungen anwendbar sind." Somit ist das BBGB dem Handelsgesetzbuch, erg?nzend.  Daher gelten die im BBGB genannten Artikel der h?heren Gewalt in erg?nzender Weise für Handelsvertr?ge.  

In Bezug auf die Folgen der h?heren Gewalt ist es notwendig, von Fall zu Fall zu analysieren, ob die Vertr?ge einseitig, zweiseitig, des Gebens, des tun oder des nicht tun, sind.

III. DAS "PACTA SUNT SERVANDA" PRINZIP.

"Pacta sunt servanda" bedeutet, dass die Vertr?ge von den Parteien nach ihren vereinbarten Bedingungen erfüllt werden müssen, unabh?ngig von den Variationen der Umst?nde, die sie umgeben. Das "pacta sunt servanda" Prinzip spiegelt sich in der mexikanischen Gesetzgebung in Artikel 1,796 des BBGB wider. Darüber hinaus legt Artikel 385 des Handelsgesetzbuches in seinen relevanten Teilen fest, dass kommerzielle Verk?ufe nicht wegen einer Sch?digung (im Sinne unvorhersehbarer Sch?den) eingestellt werden dürfen. Auch wenn sich der vorher genannte Artikel speziell auf kommerzielle Verk?ufe bezieht, gibt er einen guten Hinweis auf den Geist des Handelsgesetzbuches, der das "pacta sunt servanda" Prinzip unterstützt und die Theorie des Unvorhersehbaren oder "rebus sic stantibus" ablehnt.

Die Seele der Vertr?ge, die darin besteht, dass sie von den Parteien erfüllt werden müssen, unabh?ngig von den sich ?ndernden Umst?nden, wird durch die Handelsgesetzgebung in Mexiko geschützt. Es stellt sich jedoch die Frage, ob solche "sich ?ndernde Umst?nde" unbegrenzt sein k?nnen oder ob eine Balance Grenze besteht, an der die gerichtliche Befugnis eingreifen müsste, um die Verpflichtungen eines bestimmten Vertrags auf Antrag der betroffenen Partei, unter Beeintr?chtigung der Rechtssicherheit die Vertr?ge bieten sollen, auszugleichen.

IV. DIE THEORIE DER UNVORHERSEHBARKEIT (REBUC SIC STANTIBUS) IN BEZUG AUF HANDELSVERTR?GE.

Rebuc sic stantibus bedeutet ?beim jetzigen Stand der Dinge“. Die Theorie des Unvorhersehbaren oder rebuc sic stantibus gilt, wenn abgeleitet von einem unvorhergesehenen Ereignis, Verpflichtungen noch erfüllt werden k?nnen, dennoch viel belastender für eine der Parteien geworden sind, im Gegensatz zum Prinzip der h?heren Gewalt, das gilt, wenn Verpflichtungen unm?glich zu erfüllen geworden sind. Vom alten Rom bis heute gibt es Juristen, die das Prinzip der rebus sic stantibus verteidigt haben. Diese Theorie hatte mehr oder weniger Relevanz, je nach den unterschiedlichen Umst?nden der Geschichte. (i) Diese Theorie gilt für langfristige oder aufeinanderfolgende Vertr?ge, (ii) die drastischen Ver?nderungen der Umst?nde müssen auf nationaler Ebene, verallgemeinernd und objektiv sein und (iii) der bestimmte Vertrag muss für eine der Parteien aufgrund einer solchen wesentlichen ?nderung der Umst?nde au?erordentlich belastend geworden sein. Zum Beispiel sind die wirtschaftlichen Schwankungen eines Landes kein Ausl?ser für dieses Prinzip. Die betroffene Partei kann die Neuverhandlung des Vertrags gerichtlich ausl?sen, um die Verpflichtungen neu auszubalancieren oder sie alternativ zu beenden.  

Die Zivilgesetzbücher einiger wichtiger Entit?ten in Mexiko wie Jalisco[3] und Mexiko-Stadt[4] enthalten ausdrücklich die Theorie des Unvorhersehbaren. Diese lokalen Zivilgesetzbücher haben das Prinzip nach der H1N1 - Epidemie im Jahr 2009 übernommen, nachdem die Wirtschaftst?tigkeit in Mexiko für kurze Zeit eingestellt wurde. Es ist m?glich, dass nach der Pandemie von 2020 weitere legislative Ma?nahmen diesem Weg folgen k?nnten.  

Derzeit k?nnen die Parteien zu Handelsvertr?gen einem System zustimmen, das der Theorie des Unvorhersehbaren ?hnelt, indem sie Bestimmungen für den Ausschluss bzw. die Verringerung der  Verantwortung oder ein Recht auf Neuverhandlung vereinbaren angesichts bestimmter Ereignisse, die die Verpflichtungen für einen von ihnen extrem belastender machen.

Die Kriterien der Gerichte in Mexiko sind stets geschlossen und resistent gegen die Annahme der Theorie der Unvorhersehbarkeit in kommerziellen Angelegenheiten gewesen, zugunsten des "pacta sunt servanda" Prinzip. Es gibt jedoch Argumente und allgemeine Rechtsprinzipien, wie die von Fairness und guter Glaube, die es erm?glichen würden, eine implizite Existenz des Geistes der Theorie der Unvorhersehbarkeit in Handelsvertr?gen zu verteidigen.

V. ANWENDBARKEIT DER ALLGEMEINEN RECHTSPRINZIPIEN IN HANDELSVERTR?GEN.

Auch wenn es im BBGB oder im Handelsgesetzbuch keine ausdrückliche Bestimmung über die Theorie des Unvorhersehbaren gibt, besteht kein Hindernis sich bei der Auslegung von Handelsvertr?gen auf die allgemeine Rechtsprinzipien, insbesondere die von Fairness und guter Glaube, zu berufen. Insoweit sieht das ?pacta sunt servanda“ Prinzip im Artikel 1,796 des BBGBs in seinen einschl?gigen Teilen vor, dass die Vertragsparteien nicht nur verpflichtet sind, das ausdrücklich Vereinbarte einzuhalten, sondern auch die Folgen, die nach ihrer Beschaffenheit dem guten Glauben, der allgemeinen Verwendung oder dem Gesetz entsprechen. Nach den o. g. Ausführungen spielt das Element des guten Glaubens sowohl bei der Erfüllung als auch bei der Auslegung eine wesentliche Rolle, selbst wenn Vertr?ge nach dem was sie ausdrücklich vorsehen erfüllt werden.

Die Anwendbarkeit der Rechtsprinzipien (in Ermangelung einer Rechtsbestimmung) in der Zivilordnung beruht auf Artikel 14 der Verfassung[5], in dem darauf hingewiesen wird, dass das endgültige Urteil in Zivilprozessen der w?rtlichen oder rechtlichen Auslegung des Gesetzes entsprechen muss und in Ermangelung dessen auf den allgemeinen Rechtsprinzipien beruhen soll. Die Anwendbarkeit dieser Grunds?tze im gewerblichen Bereich (in Ermangelung einer gesetzlichen Bestimmung) beruht auch auf Artikel 1,324 des Handelsgesetzbuches, der vorsieht, dass gerichtliche  Urteile auf dem Gesetz beruhen sollen und wenn weder durch den natürlichen Sinn noch durch deren Geist die Kontroverse gel?st werden kann, die allgemeine Rechtsprinzipien unter Berücksichtigung aller Umst?nde des Falles zu verwenden sind. Darüber hinaus legt Artikel 20 des BBGB (das dem Handelsgesetzbuch erg?nzt) fest, dass "wenn es einen Rechtskonflikt gibt, in Ermangelung eines anwendbaren Rechts, die Kontroverse zugunsten der Partei sein soll, die versucht, Schadenersatz zu vermeiden und nicht zugunsten desjenigen, der beabsichtigt, Profit zu erzielen."

VI. IN DER PRAXIS.

Vor einem unvorhergesehenen Ereignis der Dimensionen der auf uns auftretenden Pandemie (oder eines schwarzen Schwans in gesch?ftlicher Hinsicht) kann die Realit?t das Rechtssystem überstehen.   In vielen F?llen mussten Menschen und Unternehmen angesichts der Schlie?ung der Gerichte  in den ersten Wochen oder Monaten der Eventualit?t ihrer beeintr?chtigten Vertr?ge in gutem Glauben neu verhandeln, um ihre Gesch?ftsbeziehungen unabh?ngig vom "pacta sunt servanda" Prinzip oder der Anwendbarkeit der Theorie des Unvorhersehbaren, zu retten. In vielen F?llen haben Anw?lte als Vermittler gedient, um diese Neuverhandlungen auf der Grundlage von Fairness und guter Glaube zu erreichen. Darüber hinaus müssen sie sich die Gerichte, selbst wenn sie wiederer?ffnet haben, nun mit einem Gro?teil der F?lle befassen, die sich w?hrend der Notstandsperiode angeh?uft haben. In einer solchen Situation, haben sich die alternativen Methoden zur L?sung von Kontroversen, wie die Mediation, als ausgezeichnete Hilfe für die Parteien bei der Neuverhandlung von Vertr?gen oder bei der L?sung von Kontroversen erwiesen.  

VII. SCHLUSSFOLGERUNG.

1. Die derzeitige Pandemie wird das Rechtssystem weiterhin an seine Grenzen bringen. Es ist m?glich, dass die Theorie des Unvorhersehbaren, wie sie auf Vertr?ge anwendbar ist, in einigen Rechtsordnungen wiederbelebt wird.

2. Der Grundsatz "pacta sunt servanda" bietet Rechtssicherheit für die Parteien zu Handelsvertr?gen, indem sie wissen, dass das, was sie vereinbart haben, unabh?ngig von den sich ?ndernden Umst?nden bestehen bleibt. Ist es dann ratsam, den Gerichten zu gestatten, sich in solche Vereinbarungen einzumischen, wenn sich die Umst?nde drastisch ge?ndert haben? Wer würde das Kriterium für eine "drastische" ?nderung entscheiden?

3. Nach dem Gesetz ist der Grundsatz des Guten Glaubens ein Bestandteil der Erfüllung und Auslegung von Vertr?gen in Mexiko, unabh?ngig vom "pacta sunt servanda" Prinzip.

4. Um die Folgen eines Ereignisses h?herer Gewalt zuzuordnen, ist es notwendig, den vorliegenden Fall und die Art des einzelnen Vertrages zu analysieren.  

5. Die alternativen Methoden zur L?sung von Kontroversen haben sich als gro?e Hilfe für die Parteien und Gerichte für die Neuverhandlung von Vertr?gen oder die L?sung von Kontroversen in schwierigen Zeiten erwiesen.

6. Um Verwechslungen zu vermeiden, ist es ratsam, dass die Parteien eine solide Klausel über h?here Gewalt in ihre Vertr?ge aufnehmen, die detailliert regelt: (i) welche Ereignisse als solche zu betrachten sind und welche Folgen sie haben, (ii) die Aussetzung des Vertrags, (iii) die Fristverl?ngerung, (iv) welche Partei das Risiko und die Mehrkosten tr?gt, (v) die Notwendigkeit für die betroffene Partei, die Folgen abzumildern, (vi) den Zeitraum nach dem die Vereinbarung gekündigt werden kann, (vii)  Meldefristen, usw. Die Parteien k?nnen auch eine weitere Klausel über unvorhersehbare Ereignisse vereinbaren, die, obwohl sie die Erfüllung von Verpflichtungen nicht behindern, sie extrem belastender machen, sowie ihre vereinbarten L?sungen. Solide vertragliche Bestimmungen, die im Detail Force Majeure und unvorhersehbare Ereignisse umfassen, k?nnen den Parteien unter unvorhersehbaren Umst?nden so wie die aktuellen viel Zeit und Stress einsparen.

 [1] Bundes Bürgerliches Gesetzbuch, 26. Mai, 14. Juli, 3. und 31. August 1928, ver?ffentlicht im Amtsblatt der F?deration in vier Teilen. Die letzte Reform wurde am 27.03.2020 im Amtsblatt der F?deration ver?ffentlicht.

[2] Handelsgesetzbuch, 7. Oktober bis 13. Dezember 1889 ver?ffentlicht im Amtsblatt der F?deration. Die letzte Reform wurde am 03.28.2018 im Amtsblatt der F?deration ver?ffentlicht.

[3]  Zivilgesetzbuch des Bundesstaates Jalisco, ver?ffentlicht am 14. September 1995 im Amtsblatt von Jalisco. Das Zivilgesetzbuch von 1935 von diesem Bundesstaat wurde aufgehoben.

[4] Zivilgesetzbuch für Mexiko-Stadt ver?ffentlicht am 26. Mai 1928 im Amtsblatt der F?deration.

[5]  Politische Verfassung Mexikos, ver?ffentlicht am 5. Februar 1917 im Amtsblatt der F?deration. Letzte Reform ver?ffentlicht am 05.08.2020.

 

 



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