Die Chancen von ESG: ?In der Baubranche steckt sehr viel L?sungskompetenz“
Im Interview: Lavinia Bauerorchse, Global Head of ESG Corporate Bank bei Deutsche Bank.

Die Chancen von ESG: ?In der Baubranche steckt sehr viel L?sungskompetenz“

Die Banken forcieren das Thema Nachhaltigkeit – intern wie extern. Denn viele Firmenkunden denken jetzt nach, wie sie sich künftig aufstellen wollen. ESG-Managerin Lavinia Bauerochse über den Wandel der Finanzierung.

Interview: Thomas Schmitt

Lavinia Bauerochse verantwortet in der Deutschen Bank weltweit den ESG-Dialog mit Unternehmenskunden, also mit den gro?en Konzernen, dem deutschen Mittelstand sowie den Gesch?ftskunden in Deutschland.

Ihr zentrales Team hat eine Doppelaufgabe. Einerseits sprechen die ESG-Spezialisten direkt mit Kunden in verschiedenen Branchen, andererseits entwickeln sie kontinuierlich die ESG-Proposition der Unternehmensbank extern wie intern weiter.

Sie ist überzeugt, dass die gesamte Bankenbranche gerade eine Transformation in Richtung mehr Nachhaltigkeit durchl?uft.

Frau Bauerochse, worauf schaut die Deutsche Bank in der Baubranche unter dem Gesichtspunkt Nachhaltigkeit?

Hierbei liegt ein Hauptaugenmerk auf dem Thema Dekarbonisierung, also auf der Umstellung der Wirtschaft in Richtung niedriger Treibhausgasemissionen.

Auf die Baubranche entf?llt ein signifikanter Anteil der weltweiten CO2-Emissionen entlang der gesamten Wertsch?pfungskette, vor allem im Bereich der Produktion und der Materialien wie Zement und Stahl.

Darüber hinaus ist der Abfall im Bausektor sehr bedeutend genauso wie der steigende Bedarf von Fl?chen für Industrie- und Wohnnutzung.

Wie gro? ist die Aufgabe in der Baubranche?

Gem?? eines UNO-Berichts wird gesch?tzt, dass bis zu 37 Prozent der weltweiten Emissionen auf die Bau- und Geb?udewirtschaft entfallen.

Damit ist klar, dass hier sehr gro?e Aufgaben vor uns liegen, zum Beispiel bei der Revitalisierung, um Energieeffizienz zu erh?hen und vorhandenen Baubestand zu optimieren, aber auch die Entwicklung neuer grüner Materialien ist notwendig. Darüber hinaus beinhaltet Nachhaltigkeit ebenso soziale Aspekte, was gerade im Bereich Wohnungsbau gro?e Relevanz hat.

Worauf konzentrieren Sie sich als Bank?

Der Finanzwirtschaft und damit uns als Deutsche Bank kommt auf dem Weg zu Net Zero eine Schlüsselrolle zu. Wir sind Finanzierer der Transition und Katalysator für Innovation aber auch Risikomanager.

Dabei unterstützen wir unsere Kunden mit unserer thematischen Expertise und regulatorischem Know-How und bieten ihnen Zugang zu einem umfassenden Angebot an nachhaltigen Finanzinstrumenten.

Zum Beispiel?

Diese umfassen unter anderem Finanzierungen, Trade Finance inklusive Supply-Chain-Finanzierungen, Zahlungsl?sungen sowie Devisenabsicherungen und Treuhanddienste.

Nachhaltige Finanzprodukte gibt es mittlerweile in vielf?ltigen Ausgestaltungsm?glichkeiten, sie umfassen das gesamte Treasury Toolkit.

Hat nun jeder Firmenkundenberater in der Baubranche die zahlreichen ESG-Kriterien – in den Bereichen Umwelt, Soziales und Aufsichtsstrukturen – im Hinterkopf?

ESG trifft auf sehr hohes Interesse, sowohl bei unseren Kunden als auch bei unseren Kundenberatern. Ich habe selten ein Thema erlebt, bei dem so viele Kollegen wirklich wissbegierig mit Fragen aktiv auf mich zukommen.

Das liegt auch daran, dass viele unserer Kunden jetzt grunds?tzlich nachdenken, wie sie sich künftig strategisch aufstellen wollen. Neben dem Thema Effizienz spielt auch die Unabh?ngigkeit der Energieversorgung eine gro?e Rolle. Da geht es nun nicht mehr nur um Photovoltaik, sondern auch um die eigene, autarke Energieproduktion.

Der Ukraine-Krieg und die Debatte um ein Energie-Embargo gegenüber Russland haben also bereits erste Ver?nderungen ausgel?st?

Mit Blick auf volatile, steigende Energiepreise, stellt sich die Frage der Energiesicherheit auch für viele Unternehmer, um Produktionskosten besser kalkulieren und managen zu k?nnen. Viele Betriebe werden sich mit den M?glichkeiten einer autarken Energieproduktion bis hin zu Quartierl?sungen mittelfristig st?rker auseinandersetzen.

Wir begleiten diese Erw?gungen mit unseren Finanzierungsm?glichkeiten. Darüber hinaus plant die Regierung die Rahmenbedingungen zu Neubauten und beispielsweise dem Verbau von Gasheizungen zu ?ndern.

Wie managen Sie als Bank Ihr Engagement in nachhaltigen Finanzierungen?

In der Deutschen Bank haben wir uns einen Rahmen für Sustainable Finance gegeben, wobei wir drei Arten unterscheiden:

Im ersten Fall geht es um die Mittel-Verwendung einer Transaktion, die einen grünen oder sozialen Gesch?ftsanlass hat.

Im zweiten Fall gehen die Mittel an ein Unternehmen, dessen Unternehmenszweck und operative T?tigkeit wir per se als nachhaltig betrachten zum Beispiel eine Wohlt?tigkeitsorganisation.

In der dritten Variante werden Nachhaltigkeitsziele des Kunden an eine Transaktion geknüpft. Daneben geben wir Leitlinien für Bereiche, die wir nicht als nachhaltig betrachten. So haben wir beispielsweise definiert, wo wir in der Arktis keine neuen ?l- und Gas-Vorhaben unterstützen werden.

Wie agieren Sie in Segmenten mit hohem Handlungsbedarf?

Wir gehen gerade in Branchen mit hohen Treibhausgasemissionen in einen ausführlichen Dialog mit den Kunden, weil wir verstehen m?chten, welchen Handlungsbedarf es gibt.

Viele unserer Kunden suchen einen Pfad, auf dem sie ihre Unternehmung ver?ndern k?nnen. Dabei ist es wichtig, auf welcher zeitlichen Linie dies passiert.

Wir denken uns in die neuen Rahmenbedingungen ein und besprechen mit den Kunden kontinuierliche Ver?nderungen. Wir unterstützen dabei, die angedachten Ver?nderungen herbeizuführen und diese zu finanzieren.

Was zeichnet die Transformation in der Baubranche aus? Das ist wohl eher ein Marathon?

Absolut. Es besteht gro?er Handlungsbedarf, gleichzeitig wissen wir, dass die H?he der zu t?tigen Investitionen signifikant ist. Sehr relevant sind auch Lieferengp?sse und der Mangel bei den Fachkr?ften. Zum Teil sind grüne Baustoffe gar nicht ausreichend verfügbar. Zudem müssen die Technologien weiterentwickelt werden. Insgesamt gibt es also gerade in der Baubranche sehr gro?e Herausforderungen, die uns in den n?chsten Jahren besch?ftigen werden.

Was stimmt sie in der Baubranche optimistisch?

Wir sprechen mit vielen Kunden und sehen sehr kreative K?pfe. Das zeigt sich beispielsweise an Konzepten für eine dezentrale Energieversorgung von ganzen Quartieren.

In der Baubranche steckt sehr viel L?sungskompetenz, für die die deutsche Industrie ja generell immer sehr gelobt und wertgesch?tzt wird.

Wir sollten die Transformation als Chance begreifen, Technologie zu entwickeln und zu exportieren. Darin liegt ja traditionell eine St?rke der deutschen Wirtschaft.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN ZU THE MISSION

Seit THE MISSION im Jahr 2019 ins Leben gerufen wurde, sind bereits sieben Projektrunden gelaufen, knapp 150 Talente und mehr als 60 Unternehmenspartner waren beteiligt. Dabei sind 13 Startups entstanden, zudem Kollaborationen zwischen Unternehmenspartnern und weitere Ideen, die jeweiligen Branchen nachhaltiger zu machen.

?THE MISSION“?ist eine Initiative von Futury, der Deutschen Bank, Bain & Company, PreZero und der Handelsblatt Media Group. Die konkrete Idee hinter ?The Mission“: Startups in der Frühphase von Idee und Gründung (Early-Stage-Startups), unternehmerische Talente (Entrepreneurial Talents) sowie Gründer:innen und Gründungsinteressierte entwickeln in jeweils dreimonatigen Programmen nachhaltige L?sungen und Gesch?ftsmodelle für die Wirtschaftsbereiche ?Construction“, ?Waste“ und ?Food“. Dabei arbeiten sie Hand in Hand mit Unternehmenspaten aus dem jeweiligen Themenfeld, um alle L?sungen praxistauglich zu gestalten und in die konkrete Umsetzung zu überführen.

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