BPA in Lebensmitteldosen - ein genauerer Blick.
Ralf Gumbel
Consulting solutions for print shops, suppliers and packaging companies - Unternehmensberatung | Brandt & Partners | PMS Consult UG
Grunds?tzlich sollten Produkte im Lebensmittelbereich m?glichst frei von Schadstoffen sein. Auch ich bin letztendlich Konsument und wünsche mir das. Derzeit wird vor dem Verzehr von Konservendosen gewarnt, da diese laut Presseberichten stark mit dem Weichmacher Bisphenol A belastet sein sollen.
Stiftung Warentest gibt die zul?ssigen H?chstwerte von 2 verschiedenen Instituten für eine Person von 60 kg an. Hintergrund ist, dass beide Institute, die Europ?ische Beh?rde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) und das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), das von Bisphenol A ausgehende Risiko neu bewertet haben und zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen gekommen sind. Zwischen den beiden Instituten, aber auch unter Medizinern, gibt es nach wie vor einen wissenschaftlichen Streit über die Richtigkeit und Aussagekraft der jeweiligen Versuchsreihen. Daher habe ich die Werte der FDA (Food and Drug Administration USA) als zus?tzliche dritte Information aufgeführt, um ein besseres Bild zu vermitteln. Der zul?ssige Gesamtwert für eine Person (TDI = Tolerable Daily Intake) wird meist ?hnlich ermittelt, indem etwa die H?lfte über Quellen wie Kontakt mit Kunststoffen oder Leitungswasser und die andere H?lfte über die Nahrung aufgenommen wird.
Zur Information:
Milligramm (mg): 10^-3 Gramm oder 0,001 Gramm. Mikrogramm (μg): 10^-6 Gramm oder 0,000001 Gramm. Nanogramm (ng): 10^-9 Gramm.
Grenzwerte:
Elfsa 0,2 Nanogramm/kg K?rpergewicht x 60kg = 12 Nanogramm pro Person/Tag (auf 1/20.000stel des bisherigen Wertes)
BfR 200 Nanogramm/kg K?rpergewicht x 60kg = 12.000 Nanogramm = 12μg (auf 1/20stel des bisherigen Wertes)
FDA 5 mg/kg K?rpergewicht x 60kg = 300mg = 300.000 Mikrogramm = 300.000.000 Nanogramm oder 0,3g
Nach meinen Recherchen hat die FDA noch keinen Grenzwert festgelegt, sondern nur einen Entwurf erarbeitet, der auf der FDA Homepage unter BPA mit Gültigkeit ab 05/2023 zu finden ist. Mehrere Antr?ge von Bürgerinitiativen, diesen Wert zu revidieren, wurden bisher als nicht belastbar abgelehnt.
Wir haben also bei den führenden Instituten der Welt Grenzwerte, die von 12 Nanogramm bis 300 Millionen Nanogramm reichen, also 0,3g TDI.
Ehrlich gesagt, als Verbraucher tue ich mich damit etwas schwer.
Als Ingenieur neige ich in diesem Fall zum Median. Das ist der Wert, der genau in der Mitte einer Datenverteilung liegt und das ist in unserem Fall der Wert des BfR.
Die Schlagzeilen in der Presse hingegen bezogen sich meines Wissens ausnahmslos auf den Elfsa-Wert, der erst kürzlich auf ein 20.000stel des alten Wertes gesenkt wurde.? Nach diesem Wert sind alle Dosen (51) bis auf Kondensmilch (7) stark belastet. Kondensmilch weist deshalb so gute Werte auf, weil sie vermutlich wie die Obstkonserven gar keinen Innenlack hat.
Das BfR stuft nur 14 Dosen als deutlich bis stark belastet ein und weist darauf hin, dass nur der langfristige Verzehr problematisch sei.
Laut FDA sind alle Dosen unbedenklich.
Die Empfehlung in der Presse ?je weniger Essen aus der Dose, desto besser? halte ich für etwas unüberlegt. Gef?hrlich für den Verbraucher ist nicht Bisphenol A allein, sondern eine Vielzahl anderer Weichmacher, Photoinitiatoren, Bakterien und Viren. Schade, dass ausgerechnet die Verpackungsart ins Kreuzfeuer ger?t, die hier systembedingt die gr??te Sicherheit bietet.
Auch der Rat, auf Tiefkühlkost zurückzugreifen, gilt nur bedingt, denn auch hier werden Kunststoffe mit Weichmachern eingesetzt. Diese Weichmacher müssen natürlich auch bei Minusgraden aktiv sein, sonst würde die Verpackung spr?de werden. Ebenso müssen Weichmacher in Lacken für Dosen 240°C aushalten. Auch das Ausweichen auf Glasflaschen kann nur bedingt helfen, denn die Glasverpackung hat einen Deckel mit Innenlackierung die auch Weichmacher enth?lt.
Hier ist die Wei?blechverpackung (inkl. Deckel) im Vorteil, da fast alle genannten Stoffe (au?er BPA) im Produktionsprozess bei 200-240°C für 10-12 min verdampfen und anschlie?end bei 700°C verbrannt werden. Dies ist bereits eine sehr hohe Sicherheit, die andere Verpackungsmaterialien nicht oder nur bedingt bieten k?nnen.
Dennoch wird vor Dosen mit fraglichen Grenzwerten gewarnt.
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